Viele Menschen, denen wir erzählen, dass wir seit 2003 Kinderprojekte durchführen, bei denen wir ausschließlich und zu 100% Biolebensmittel bzw. biofaire Produkte verwenden, fragen dann: „Aber BIO ist doch so teuer? Das kann sich doch nicht jeder leisten?“ – „Und macht es überhaupt Sinn, Kindern aus „Sozialen-Brennpunkt-Schulen“ die Möglichkeit aufzuzeigen, Biolebensmittel zu verwenden, wenn diese bzw. ihre Eltern sich das ja sowieso nicht leisten können?
Solche Fragen und Einwände sind weit verbreitet. Das liegt vor allem daran, dass die meisten Menschen sich nicht intensiv mit den hinter dem ökologischen Landbau stehenden ethischen Prinzipien auseinandergesetzt und sich diese auch nicht zueigen gemacht haben. So haben die meisten Menschen Informationsdefizite, aber auch fehlende Erfahrungen, wie Handlungsalternativen aussehen können. Gerade Menschen, die in der Umweltbildung / Bildung für nachhaltige Entwicklung tätig sind oder sein wollen, sollten zunächst bei sich anfangen, für sich selbst Alternativen suchen und sie vorleben. Dann wird das, was wir Kindern und Jugendlichen vorleben und vermitteln wollen auch glaubwürdig und authentisch. Dieser Artikel soll Dir dafür Anregungen und Informationen bieten.
Irrtum: Wer Biolebensmittel kauft, gibt zwangläufig mehr für seine Ernährung aus
Eine Verzehrstudie der Universität Hohenheim hat ergeben, dass die Ausgaben privater Haushalte, die nur Bio-Lebensmittel verzehren, sogar niedriger sein können als die Lebensmittelausgaben “normaler” Haushalte. In Bio-Haushalten wurden zwar mehr Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchte, Honig, Obst und Milchprodukte verbraucht als in konventionellen Vergleichshaushalten, aber deutlich weniger an Fleisch, Wurst, Zucker, Süßwaren, alkoholischen Getränken, Kaffee oder süßem Gebäck. Die höheren Ausgaben für Bio-Kost wurden durch den geringeren Verbrauch an vergleichsweise teuren Nahrungsmitteln (z.B. Fleisch, Kaffee oder Alkohol) wieder ausgeglichen. So gaben die Bio-Haushalte am Ende des Monats sogar 7 Prozent weniger Geld für Lebensmittel aus als konventionelle Haushalte. Gesunde Ernährung muss also nicht teurer sein.
Wer konventionelle Lebensmittel kauf, lebt auf Kosten der Allgemeinheit
Herkömmliche Nahrungsmittel sind deswegen vergleichsweise billig, weil die “versteckten” Kosten für ökologische und soziale Folgen der Produktion (z.B. Verunreinigung des Trinkwassers mit Nitrat und Pestiziden) nicht berücksichtigt werden. Eine Studie des Bonner Landwirtschaftsministeriums berechnete, dass durch die Aufbereitung des pestizidbelasteten Trinkwassers, durch Gesundheitsschäden, durch Giftschäden an Honigbienen, durch Rückgang der Artenvielfalt und für die Lebensmittelüberwachung mindestens Kosten in Höhe von 125 Millionen Euro entstehen (Frankfurter Rundschau, 26.2.1998). Die Langzeitfolgen dieser Umweltbelastungen sind dabei noch gar nicht eingerechnet.
Wohlstand auf Kosten der Natur
1950 gaben die Deutschen 45% ihres Einkommens für Lebensmittel aus, 1998 nur noch 12%. Diese Zahlen zeigen, dass die Behauptung „Bio ist aber doch so teuer!“ nur eine Ausrede ist. Würde gesamtgesellschaftlicher Konsens darüber bestehen, dass die Vergiftung der Natur, des Grundwassers, der Einsatz von Pestiziden und anderen Giften schlichtweg unethisch ist, dann müssten wir unsere Prioritäten zwangsläufig ändern. Dann würden wir den Zuwachs an Reichtum nicht dazu nutzen, Natur und Tiere sowie Menschen in anderen Ländern, die unter unmenschlichen Bedingungen sowie in Kinderarbeit für unseren so genannten „Wohlstand“ sorgen, auszubeuten, damit wir uns dann besondere Extras, wie z.B. einen Flug auf die Malediven oder den Ausflug in einen Vergnügungspark leisten können.
Prioritäten setzen
Bei unseren Projekten bieten wir seit unserer Gründung schon allein deshalb, weil wir sonst unglaubwürdig wären, ausschließlich Biolebensmittel an – und nicht nur das: Wir beziehen unsere Lebensmittel – soweit möglich – aus bioveganem, friedfertigem Anbau, der ohne Nutztierhaltung auskommt und Dreifelderwirtschaft praktiziert. Das geht natürlich nur, wenn wir unsere Prioritäten auch entsprechend setzen. Wir „schweifen nicht in die Ferne“, wenn das Gute doch so nah liegt. Ein günstiger Jugendzeltplatz in schöner Natur mit einem noch sehr naturbelassenem Wald bietet genügend Erlebnismöglichkeiten, weshalb wir keine teuren Ausflüge, Kanufahrten, Schwimmbadbesuche oder andere besonderen Highlights brauchen. Wir sparen also bei Fahrtkosten, Unterkunft und besonderen Extras, um mehr Geld für Lebensmittel sowie gutes Personal sowie deren Ausbildung übrig zu haben.
Der folgende Film „Agroprofit“ zeigt sehr deutlich, dass es vielen Menschen völlig egal ist, wenn sie über die Hintergründe von Massentierhaltung, konventioneller Landwirtschaft und Ausbeutung / Kinderarbeit aufgeklärt werden – Hauptsache billig:
Die Frage, die sich nun JedeR stellen kann, lautet:
- Wann und wo handle ich in ähnlicher Art und Weise?
- Wann und wo ist mir mein persönliches Wohl wichtiger als die Vergiftung und Zerstörung der Natur, als das Wohl der Tiere oder als das Wohl von Menschen, die ausgebeutet werden?
Wir haben die Wahl.
Deutsche werfen 313 Kilo Lebensmittel weg – pro Sekunde!
Während eine Milliarde Menschen hungert, verschwenden die Deutschen laut einer WWF-Studie jedes Jahr Millionen Tonnen an Lebensmitteln. Knapp 40% davon fallen laut Studie in Privathaushalten an. Lebensmittel werden einfach zu wenig wertgeschätzt.
Doch nicht nur die käuflichen Lebensmittel werden zuhauf verschwendet. Zu kleine Kartoffeln werden untergepflügt, krumme Gurken aussortiert und mehrbeinige Karotten in Biogasanlagen verheizt. Viele Früchte, vor allem Äpfel auf Streuobstwiesen, werden nicht geerntet, weil Menschen so im Überfluss leben, dass sie es nicht nötig haben, die geschenkten Gaben der Natur anzunehmen und wert zu schätzen.
Pädagogische Projekte sollten Bewusstsein für den Wert von Lebensmitteln schaffen
Beim ersten praktischen Kinderprojekt im Rahmen ihres Selbstlernstudiums hat Christina sich vorgenommen, mit Kindern Spiele und praktische Experimente auszuprobieren, um anhand des Beispiels von Äpfeln aufzuzeigen, welche Handlungsmöglichkeiten wir haben, um durch unser Verhalten sowie unseren Ernährungsstil zum Schutz des Klimas, der Um- und Mitwelt beizutragen. Den Kindern wurde auf diese Weise bewusst, wie sie sich nicht nur 100% bio, 100% vegan, regional, saisonal, fair gehandelt und verpackungsarm ernähren können, sondern dies gleichzeitig auch kostengünstig tun können, weil die Äpfel einfach Geschenke der Natur sind, die sonst Niemand ernten wollte.
Zwar sah so mancher Apfel oder so manche Birne sicherlich nicht EU-Normen entsprechend aus, aber sie schmeckten fantastisch.
Anhand von Spielen, die in diesem Artikel näher erläutert sind, wurde den Kindern verständlich, dass sie durch eine derartige Ernährungsweise gegenüber einem durchschnittlichen, herkömmlichen Ernährungsstil mehr als 500 kg CO2 einsparen könnten, was dem CO2-Verbrauch eines Mittelklassewagens auf einer Strecke von ca. 4500 km entspricht.
Damit Kinder bei einem solchen Projekt Spaß haben, ist es wichtig, sie mit ihren Ideen einzubeziehen und ihnen das zu ermöglichen, was sie normalerweise ganz selten dürfen: Selbst experimentieren, selbst eigene Rezepte erfinden, die nicht nur klima-, tier- und umweltfreundlich sind, sondern ihnen auch sehr gut schmecken.
Welche Erfahrungen hast Du mit diesem Thema? Was meinst Du dazu? Wir freuen uns auf Deine Kommentare!